Gerhard Ihle & Anja Röper

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Aktuelle Neuigkeiten

Kurzarbeit wegen Corona ?

 

In den letzten Monaten ordneten Arbeitgeber häufig  im Wege des Direktionsrechts einseitig Kurzarbeit an und verwiesen schlicht auf eine Genehmigung der Kurzarbeit durch die Agentur für Arbeit. Das reicht nach der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte sicher nicht aus.

Die Einführung von Kurzarbeit setzt voraus 

  • entweder eine Vereinbarung mit dem Arbeitnehmer (eventuell schon im Arbeitsvertrag?),
  • oder eine begründete fristgerechte Änderungskündigung oder
  • eine Vereinbarung mit dem Betriebsrat in einer Betriebsvereinbarung voraus.

Nur die so eingeführte Kurzarbeit beschränkt vorübergehend neben der Arbeitspflicht des Arbeitnehmers auch die Vergütungspflicht des Arbeitgebers.

Ordnet der Arbeitgeber die Kurzarbeit einseitig an, behalten die Arbeitnehmer ihren vollen Vergütungsanspruch, selbst wenn die Agentur für Arbeit das Kurzarbeitergeld in Höhe von 60 % oder 67 % des bisherigen Nettolohns bewilligt.

Was riskiert der Arbeitnehmer, wenn er eine vorgelegte Kurzarbeiter-Vereinbarung zurückweist? Das ist erst einmal sein gutes Recht. Niemand kann zum Abschluss einer Kurzarbeiter-Vereinbarung gezwungen werden. Der Arbeitgeber muss dann eben eine Änderungskündigung aussprechen. Diese hat die individuell geltende, gesetzliche oder vertragliche Kündigungsfrist zu beachten. Sie wirkt also nicht sofort, sondern unter Umständen erst nach 7 Monaten. Sie kann gerichtlich überprüft werden. Sie kann aber zum Erhalt des Arbeitsverhältnisses sozial gerechtfertigt sein.  

 

Auch in Corona-Zeiten ist es im Zusammenhang mit der individualrechtlichen Vereinbarung von Kurzarbeit sinnvoll, die individuelle Vertragsgestaltung genau zu prüfen und eventuell neu zu verhandeln. Sonst droht eine einseitige Gestaltung der Kurzarbeit zu Lasten des Arbeitnehmers.

Aus der Arbeitnehmersicht sollte z.B. ausdrücklich vereinbart werden der Ausschluss von betriebsbedingten Kündigungen des Arbeitgebers während des Kurzarbeitszeitraums. Dieses ureigene Ziel der Kurzarbeit zu formulieren „vergessen“ leider viele Arbeitgeber in ihren Verträgen. 

 

 

 

Beabsichtigt der Arbeitgeber auch Ihnen gegenüber Kurzarbeit einzuführen und legt er Ihnen hierzu Dokumente / einen Änderungsvertrag zur Unterschrift vor oder spricht sogar eine Änderungskündigung aus? Lassen Sie sich beraten!

Entscheiden Sie mit über den Umfang der Kurzarbeit und die Rahmenbedingungen!

Wir bieten Ihnen zu allen individuellen Fragestellungen und Problemen der Kurzarbeit eine fachkundige persönliche Beratung.

Betriebsräte schulen und beraten wir zu diesem Thema bereits seit mehr als 30 Jahren.
 


Aktuelle Gesetze und Urteile von grundsätzlicher Bedeutung für Arbeits- und Betriebsverfassungsrecht

 

Homeoffice

Homeoffice ist neben der Kurzarbeit das arbeitsrechtliche Instrument der Stunde.  Das »Betriebsrätemodernisierungsgesetz« hat 2021 ein Mitbestimmungsrecht für mobile Arbeit geschaffen:                                 § 87 I Nr. 14 BetrVG
 

Die Begriffe Mobile Arbeit, Homeoffice und Telearbeit werden oft beliebig verwendet, wenn es um das Arbeiten außerhalb des Betriebs geht. Das kann verwirrend sein, weil die Rechtsfolgen teilweise unterschiedlich sind. Daher ist eine Abgrenzung wichtig:

  • Telearbeit: Nur wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer in dessen Wohnung oder Haus einen »festen Arbeitsplatz« mit PC und Büromöbeln einrichtet und weitere Vereinbarungen trifft, spricht man von Telearbeit. Das Modell ist selten anzutreffen.
  • Mobile Arbeit: Der Arbeitnehmer kann von unterwegs, vom Flughafen, vom Restaurant, aber selbstverständlich auch von zu Hause »mobil arbeiten«.
  • Homeoffice: Ist ein Spezialfall der »mobilen Arbeit«, wenn der oder die Beschäftigte die mobile Arbeit ausschließlich von zu Hause erledigt. Häufig stellt der Arbeitgeber nur mobile Endgeräte (also vor allem Laptops) zur Verfügung, um die digitale Anbindung an die Netzwerke des Betriebs sicherzustellen. Telearbeit wird es dadurch nicht unbedingt.


 
Wir gestalten für Sie als Arbeitnehmer eine ausgewogene individuelle Homeoffice-Vereinbarung einschließlich der notwendigen Erstattung Ihrer Aufwendungen.
Für den Betriebsrat gestalten wir eine arbeitnehmer-orientierte Betriebsvereinbarung i.S.d. § 87 I Nr.14 BetrVG.
 

Bislang wird von Arbeitgebern häufig bestritten, dass der Betriebsrat ein eigenes Initiativrecht zur Regelung von Homeoffice oder mobiler Arbeit hat. Dennoch reichen die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates relativ weit und können jetzt auch effektiv durchgesetzt werden. Der Gesetzgeber hat klargestellt, dass mobile Arbeit durch Betriebsvereinbarung geregelt werden muss.


Gerade dann, wenn der Arbeitgeber einigen Beschäftigten mobiles Arbeiten gestattet hat, kann der Betriebsrat seine Mitbestimmung zur Ausgestaltung der mobilen Arbeit einfordern. Er kann z.B. Regelungen zur Arbeitszeit und zum Arbeitsschutz verlangen.

Mit Beschluss vom 23.04.2021 gab das LAG Köln (Aktenzeichen 9 TaBV 9/21) dem Antrag eines Betriebsrats auf Einsetzung einer Einigungsstelle zur Regelung der mobilen Arbeit statt.

Die gleiche Entscheidung ist zu treffen für die besondere Spielart der mobilen Arbeit, nämlich das Home-Office. Auch zur Ausgestaltung des vom Arbeitgeber bereits eingeführten Homeoffice kann der Betriebsrat die Einigungsstelle anrufen. 


Individualklage im Urlaubsrecht - Entscheidungen des LAG Hamm, des BAG und des EUGH.

Vor dem LAG Hamm (AZ.: 5 Sa 1058) stritten wir für unseren Mandanten erfolgreich über die Rechtsfrage, ob ein unstreitig nicht gewährter Resturlaub aus dem laufenden Kalenderjahr auf das nächste Kalenderjahr übertragen werden konnte oder ob er mit Ablauf des Kalenderjahres verfiel.

Mit Ausspruch einer fristgerechten Kündigung aus betrieblichen Gründen hatte der Arbeitgeber die Arbeitnehmerin mit sofortiger Wirkung widerruflich von der Arbeitsleistung freigestellt. Er meinte, mit der Freistellung sei auch Urlaub in ausreichendem Umfang gewährt.  

In seinem Urteil vom 09.08.2016 – AZ: 9 AZR 575/15 hat das BAG zutreffend ausgeführt, dass ein Urlaubsanspruch nur erfüllt werden kann, wenn für den Freistellungszeitraum eine Arbeitspflicht besteht. In dem Rechtsstreit des BAG entfiel die Arbeitspflicht aufgrund eines Beschäftigungsverbotes, in unserem Rechtsstreit aufgrund der einseitigen Freistellungserklärung des Arbeitgebers. Wenn das BAG einen Verfall der Urlaubsansprüche ausschließt bei einem Beschäftigungsverbot aus gesetzlicher Vorschrift, ist die gleiche Rechtsfolge zu ziehen, wenn der Arbeitgeber eine Beschäftigung aus betrieblichen Gründen ablehnt.

Das LAG Hamm hatte das Verfahren zunächst ruhend gestellt im Hinblick auf eine erwartete Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes, die auf einem Vorlage-Beschluss des BAG vom 13.12.2016 – AZ 9 AZR 541/15(A) aufbaut, bestätigte dann jedoch unsere Rechtsauffassung, dass der Urlaub nicht verfallen ist und noch genommen werden kann.

Eine Entscheidung des EUGH vom 29.11.2017 - AZ. C-214/16 verbesserte die rechtliche Position der Arbeitnehmer erheblich und brachte erneut Bewegung in das deutsche Urlaubsrecht!! 

Arbeitgeber müssen nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 29.11.2017 (AZ C 214/16) von sich aus dafür sorgen, dass ein Beschäftigter seinen bezahlten Erholungsurlaub nehmen kann. Wenn der Arbeitgeber dem Beschäftigten zu Unrecht keinen bezahlten Jahresurlaub gewährt, kann dieser seinen Urlaub aus den Vorjahren ansammeln.

Zunächst betont der EuGH, dass der Anspruch auf den Jahresurlaub ein besonders bedeutsamer europäischer Grundsatz ist. Urlaub dient der Erholung und damit der Gesundheit. Arbeitnehmer sollen Zeit für Entspannung und Freizeit haben.

Nach Auffassung des EUGH erlischt der Urlaub aus den vergangenen Kalenderjahren nicht, wenn der Arbeitgeber zu Unrecht bezahlten Urlaub verweigert.
Nationale Vorschriften, die auch in diesem Fall die Ansammlung und Übertragung von Urlaubstagen auf nachfolgende Kalenderjahre nicht zulassen, stehen dem europäischem Recht entgegen und dürfen von den Gerichten nicht mehr zur Entscheidungsfindung herangezogen werden. Das gilt nun insbesondere für § 7 III BUrlG.  

Im Falle einer längeren Erkrankung eines Arbeitnehmers hatte der EuGH es für zulässig gehalten, dass die Übertragung des Urlaubs auf 15 Monate begrenzt wird (EuGH 22.11.2011, C-214/10,). Eine solche Begrenzung ist nach Auffassung des EUGH aber nicht erforderlich, wenn es in der Verantwortung des Arbeitgebers liegt, dass Beschäftigte ihren Urlaub nicht rechtzeitig nehmen können. 

In diesen Fällen bedarf der Arbeitgeber keines Schutzes. Versetzt er seine Beschäftigte nicht in die Lage, den ihnen zustehenden Urlaub zu nehmen, muss er auch die Folgen dieses Verhaltens tragen und darf nicht noch von einer begrenzten Übertragung des Urlaubs profitieren. Anderenfalls wäre der Arbeitgeber im Ergebnis unrechtmäßig bereichert. Dies steht nach Auffassung des EUGH mit dem Zweck der europäischen Arbeitszeitrichtlinie in Widerspruch, die Gesundheit der Arbeitnehmer zu schützen.